Härteprüfgerät

Zum Hauptinhalt springen

Technologische Erneuerung durch modernes Härteprüfgerät

Die Metallabteilung der Bertha-Benz-Schule hat für den Labor- und Werkstattunterricht ein neues Härteprüfgerät angeschafft, mit dem ein zeitgemäßer Unterricht auf höchstem technologischem Niveau ermöglicht wird und zugleich an eine lange Geschichte der Härteprüfung von Metallen angeknüpft wird.

Mit der Erfindung der Dampfmaschine als zentraler Energiequelle in Fabriken sowie der stark zunehmenden Industrialisierung in Europa und den USA war es am Ende des 19. Jahrhunderts notwendig geworden wichtige Eigenschaften von Metallen objektiv zu prüfen und zu bewerten. Neben den Werkstoffeigenschaften Festigkeit und Zähigkeit spielt die Härte eine wesentliche Rolle bei der Verwendung und Verarbeitung von Metallen. Härte ist der mechanische Widerstand, den ein Werkstoff dem mechanischen Eindringen eines anderen Körpers entgegensetzt.

Bereits 1900 stellte der schwedische Ingenieur Johan August Brinell anlässlich der Weltausstellung in Paris ein Verfahren zur Bestimmung der Härte von metallischen Werkstoffen vor. Seine Methode beruhte darauf, eine gehärtete Stahlkugel mit einer bestimmten Kraft –damals in Kilopond- auf die Oberfläche eines Werkstoffs zu drücken. Aus dem Mittelwert des Eindruckdurchmessers berechnete er mit Hilfe einer Formel den Härtewert (HB), der später nach ihm benannt werden sollte. Durch die Form des Prüfkörpers war das Verfahren aber nur für ungehärtete Stähle, Gusseisen, Aluminium, Kupfer sowie deren Legierungen geeignet. Die Stahlkugel wurde mittlerweile durch eine nicht mehr deformierbare Kugel aus gesintertem Wolframkarbidkugel (Hartmetall) ersetzt. Für Werkstoffe mit ähnlichen Eigenschaften erstellte er sogenannte Belastungsgrade, in denen die Durchmesser der Kugeln und die zugehörigen Prüfkräfte zugeordnet sind.

Einen etwas anderen Weg ging 1920 der Amerikaner Stanley P. Rockwell. Er ermittelte die Härte (HR) eines Werkstoffs mit verschiedenen Prüfkörpern über die Eindringtiefe. Dabei entfällt das aufwendige Ausmessen des Eindrucks, indem der Härtewert über eine Messuhr direkt angezeigt wird. Erstmals wurde ein Diamant als Prüfkörper verwendet. Damit war es möglich auch gehärtete Werkstoffe zu prüfen. Die wichtigsten Verfahren sind  HRC (cone) mit einem Prüfkörper Diamantkegel 120° und HRB (ball) Prüfkörper Kugel 1/16 Zoll. Aufgrund der hohen Prüfkraft ist das HRC Verfahren nur für harte, durchgehärtete Werkstoffe geeignet. Mit HRB können aber auch weiche Werkstoffe geprüft werden.

Ein der Brinellprüfung (HB) ähnliches Verfahren wurde 1925 von Ingenieuren des britischen Rüstungskonzerns Vickers (HV) entwickelt. Der Prüfkörper besteht aus einer  Diamantpyramide mit einem Winkel von 136° an den Seitenflächen. Es ist geeignet für homogene, weiche bis harte Werkstoffe, besonders aber für dünne und randschichtgehärtete Werkstücke. Die Berechnung der Härte erfolgt über das Ausmessen der Eindringdiagonalen ähnlich wie bei Brinell. Das Härteprüfverfahren nach Vickers ist durch den Einsatz von kleinen bis großen Prüfkräften das wohl universellste von allen Prüfverfahren.

Im Zuge der technologischen Erneuerung in den Werkstätten und Laboren konnte am Ende des vergangenen Jahres ein neues Härteprüfgerät angeschafft werden, welches ein fast fünf Jahrzehnte altes und in der Vergangenheit vermehrt störanfälliges Gerät ablöst. Bereits in den Jahren zuvor informierten sich die Technischen Lehrer  aus der Metallwerkstatt bei Fachmessen wie der AMB und CONTROL über die Entwicklung moderner Härteprüfgeräte. Kontakte mit anderen Schulen und deren Erfahrungen, insbesondere des Kollegen Hubert Baur von der Robert-Bosch- Schule in Ulm waren dabei sehr hilfreich.

Nachdem im Frühjahr von Seiten des Sachkostenträgers grünes Licht gegeben wurde, machten sich die Technischen Lehrer Armin Müller und Bruno Heißel auf die Suche nach einem geeigneten Gerät. Bei verschiedenen Anbietern konnten unterschiedliche Geräte ausgiebig getestet werden. Die Anforderungen der Schule waren sehr hoch, so sollte sich das neue Gerät auf höchstem technischem Niveau befinden und auch bezüglich der Sicherheit keine Bedenken aufweisen. Ein weiterer wichtiger Aspekt war, dass bei der Durchführung der Versuche die Schülerinnen und Schüler möglichst vollständig eingebunden sind.

Alle oben genannten Härteprüfverfahren können mit dem neu beschafften Härteprüfgerät durchgeführt werden. Auf einem 8-fach Werkzeugträger (Werkzeugrevolver) sind die jeweiligen Prüfkörper mit den dazugehörigen Objektiven (5-fach, 10-fach, 20-fach und 40-fach) fest montiert und kalibriert. Dies erspart ein ständiges Austauschen, wodurch auch ein Verwechseln der Prüfkörper ausgeschlossen ist. Das Ausmessen des Prüfeindrucks, welches früher noch mit Lupen, Mikroskopen oder Linealen geschah, wird durch eine hochauflösende Kamera übernommen. Der Prüfabdruck wird auf einem Touchscreen Monitor stark vergrößert angezeigt. Die Schülerinnen und Schüler können dann die Cursorleisten mit den Fingern an die Tangenten des Eindrucks ziehen. Der Härtewert wird anschließend automatisch berechnet und angezeigt. Das Besondere an diesem Gerät ist, dass die Messung automatisch (Anspruch der Industrie) oder halbautomatisch (Anspruch der Schule) durchgeführt werden kann.

In sogenannten Vorlagen sind die Parameter für die einzelnen Prüfverfahren abgespeichert. Die Schülerinnen und Schüler können aus diesen Vorlagen auswählen und sie für die Prüfung einsetzen. Dabei sind die Schülerinnen und Schüler von Anfang an mit in die Versuchsdurchführung eingebunden. Die einzelnen Schritte sind dabei wie folgt: Beurteilen des Werkstücks und festlegen der Prüfmethode, vorbereiten, ausrichten und festspannen der Probe, starten der Prüfung, manuelles ausmessen am Touchscreen Monitor, beurteilen des Prüfeindrucks auf Zulässigkeit  und anschließende Dokumentation des ermittelten Härtewerts auf dem Arbeitsblatt. Eine digitale Weiterverarbeitung der Daten innerhalb der Qualitätssicherung ist ebenfalls möglich.

Ein federgelagerter Niederhalter verhindert zudem, dass die Probe beim Prüfvorgang eventuell verrutscht und dadurch eine Beschädigung der teuren Prüfkörper oder Objektive entsteht. Der mit den Prüfkörpern und Objektiven bestückte drehbare Revolver ist zudem durch eine Plexiglashaube vor unbeabsichtigten Eingriffen vollständig geschützt.

Obwohl die Prüfverfahren noch aus dem letzten Jahrhundert stammen hat sich an den mittlerweile internationalen (ISO) genormten Prüfmethoden nichts geändert, lediglich die gehärteten Stahlkugeln wurden durch Kugeln aus gesintertem Wolframkarbid (Hartmetall) ersetzt. Selbst die Angabe der Prüfkraft wird heute noch wie früher bei der Angabe der Härtewerte  (HB und HV) in der alten Einheit Kilopond angegeben. Wurde bei den älteren Geräten die Prüfkraft noch mechanisch mit Hilfe von Gewichten aufgebracht, so geschieht dies heute ausschließlich auf elektrotechnischer Basis.

Am alten, jetzt wieder instandgesetzten Gerät wurde der vergrößert dargestellte Eindruck noch mit einem Lineal ausgemessen und der Härtewert aus Tabellen abgelesen. Zwischenzeitlich gibt es auch Geräte mit digitalen Längenmaßstäben und bei der neuesten Technologie kommen ausschließlich hochmoderne Kamerasysteme zum Einsatz.

Für die Härteprüfung an der Bertha Benz Schule stehen nunmehr ein Prüfgerät für die HRC-Prüfung, zwei Universalprüfgeräte  (HRC, HV, HB) mit austauschbaren Prüfkörpern und der Messung mit Linealen oder digitalen Längenmessstäben und das neue oben beschriebene hochmoderne Härteprüfgerät (HRC, HRB, HB, HV) zur Verfügung. Dies erlaubt einen handlungsorientierten und schülerzentrierten Unterricht in kleinen Gruppen an den jeweiligen Geräten.

Bereits in der Woche nach der Lieferung wurde das neue Gerät in den Unterricht eingebunden, und es hat sich gezeigt, dass die Schülerinnen und Schüler mit der neuen Technologie keinerlei Probleme haben. Bei einem Feedbackgespräch mit der Lieferfirma konnten noch einige Tipps für die Abänderung der Software gemacht werden. Diese sind für Unterrichtszwecke von wesentlicher Bedeutung.

Für die Zugprüfung stehen außerdem mehrere hydraulische Pressen, ausgestattet mit neuester Technologie und der entsprechenden Software zur Verfügung. Ein bereits vorhandenes Kerbschlagprüfgerat wurde im Rahmen eines Mechatronikerprojektes im Schuljahr 2013/14 für die Prüfung der Zähigkeit auf den neuesten technologischen und sicherheitstechnischen Stand gebracht.

Das Werkstoffprüflabor der Bertha-Benz-Schule ist somit für die Zukunft bestens gerüstet und dies ist auch notwendig, denn sämtliche Schülerinnen und Schüler aus den Klassen der  Industriemechaniker, Zerspanungsmechaniker, Mechatroniker und dem TG-Profilfach Mechatronik werden an diesen Geräten unterrichtet.

Text und Fotos: Bruno Heißel