Sigmaringer Wibele für die Großmeister im schwäbisch schwätzen…
Workshop zum Schwäbisch-Alemannischen Dialekt mit Johannes Kretschmann
„Wo ist es eigentlich angebracht, schwäbisch zu schwätza?“ lautete eine der Eingangsfragen, die der Sprachwissenschaftler Johannes Kretschmann (auf dem Foto: links hinten) vor einigen Tagen an die insgesamt etwa 80 Schülerinnen und Schüler der Bertha-Benz-Schule richtete, die auf zwei Workshops in zwei Gruppen verteilt waren. „Im Freundeskreis? In der Familie? In der Schule?“ – Die große sprachliche Vielfalt sei jedenfalls ein wichtiger Teil unseres sprachlichen Reichtums. Um diesen „Sprachschatz“ zu bewahren, hat die Landesregierung eine Initiative mit dem Ziel auf den Weg gebracht, die Dialekte im Land zu stärken und ihre Wertschätzung in der Gesellschaft zu erhöhen. Dabei soll auch in der Schule Lust auf dieses Thema gemacht und Interesse bei Jugendlichen geweckt werden. Zu diesem Zweck gastieren derzeit mehrere akkreditierte Künstler*innen an den Schulen des Landes. Einer von ihnen ist Johannes Kretschmann aus Laiz, der Sohn unseres Ministerpräsidenten.
Organisiert durch den Arbeitskreis „Mundart in der Schule“ in Zusammenarbeit mit den Lehrkräften Andrea Braun-Henle, Roger Orlik und Ralf Ott diskutierte der Sprachwissenschaftler mit den Schülerinnen und Schülern zunächst über ihre Erfahrungen mit dem schwäbischen Dialekt. Dabei war sein Appell, dass Dialekte unbedingt vor dem Aussterben bewahrt werden sollten. Die hochdeutsche Sprache sei ja schließlich nicht vom Aussterben bedroht, die schwäbisch-alemannischen Dialekte allerdings schon. Und deshalb mache er nun einmal gerne Werbung für den Gebrauch des Dialekts. Um ihn dauerhaft erhalten zu können brauche es aber vor allem eines: die Liebe zum Dialekt.
Im Anschluss erläuterte Kretschmann den Unterschied zwischen Dialekt und Hochsprache, bevor er einige markige Beispiele unserer großen sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten darstellte: Von der „Megete em Oat“ (Liebe im Dorf) bis hin zum weltoffenen Gruß „Shalömle“. Bei einem Ausflug in die breite Palette schwäbischer Schimpfwörter beteiligten sich die anwesenden Schülerinnen und Schüler gerne und rege. Neben dem allseits beliebten „Schofseggl“ oder „Grasdaggl“ gab es noch weitere literarische Inspiration vom seligen Großmeister des Schwäbischen, Thaddäus Troll. Und schließlich konnten die Schülerinnen und Schüler in einem Gedichtwettbewerb dann selbst tätig werden, indem sie ein schwäbisches „Haiku“ verfassten, also ein Kurzgedicht aus drei Zeilen mit insgesamt 17 Silben. Thema war die zuvor bereits erwähnte „Megete em Oat“. Beispiele gefällig? „Hinterm Heuschoba / Bloß d´Küa gugged verschrogga / So fangts halt oft a!“. Noch eines? „Beim Fescht em Stopfa / ´s Mädle lacht, ´s Bier schäumt em Kruag / ´s Herz klopft wia a Traktor“. Eine Klassen-Jury prämierte danach die allesamt sehr humorvollen Gedichte und Kretschmann verlieh einen kleinen Preis, der ebenfalls – wie auch er selbst – sehr heimatverbunden war: Sigmaringer „Wibele“, also eine traditionelle schwäbische Spezialität: ein sehr kleines, aber umso leckereres hellbraunes Biskuitgebäck von der Sigmaringer Konditorei und Confiserie Huthmacher.
Insgesamt hat dieser kurzweilige und etwas andere Unterricht den Schülerinnen und Schülern sehr gut gefallen und brachte etwas Abwechslung und eine heitere Beschäftigung mit dem eigenen Dialekt. Übrigens zeigte sich in einer Umfrage unter den Schülerinnen und Schülern, dass von einer Mehrheit immer noch sehr gerne und oft Dialekt gesprochen wird – ganz einfach weil es ein Gefühl der Heimat und der Zusammengehörigkeit vermittle, vielfältige Ausdrucksmöglichkeiten biete und oft einfach saumäßig lustig sei.
